Treu bleiben!

Gedanken zu Bischof Alvaro del Portillo, der heute vor 100 Jahren geboren wurde. Von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink

Treu bleiben!

Treue – daran denke ich, wenn ich den Namen Alvaro del Portillo höre oder lese. Einmal in meinem Leben habe ich ihn erleben dürfen. Am 30. Oktober 1993 sprach er in Köln vor Hunderten von Mitgliedern und Freunden des Opus Dei. In all seinen Worten damals schwang immer die Botschaft mit: Treu bleiben! Der Kirche und dem Gründer des Opus Dei, dem heiligen Josefmaria Escrivá, treu bleiben!

Diese Treue lebte er vor. Wie kaum ein anderer war er mit dem Leben des Gründers verwoben. Alles, was Josefmaria Escrivá sagte oder schrieb, saugte er auf, um es weiterzugeben und weiterzuentwickeln. Er wusste, dass vieles von ihm und seiner Treue abhing. So auch der kirchenrechtliche Weg des Opus Dei und der Seligsprechungsprozess Escrivás. Beides würde das Charisma des Opus Dei vor der Welt und in der Kirche bezeugen. 1982 errichtete Johannes Paul II. mit der Apostolischen Konstitution „Ut sit“ das Opus Dei als Personalprälatur. Das Opus Dei ist somit kein kirchlicher Sonderweg, sondern ein klar in die Hierarchie der Kirche eingepasster Ort für Menschen, die der Taufberufung zur Heiligkeit folgen, ohne ihren Stand zu ändern. Für diese kirchenrechtliche Gestalt hat der heilige Josefmaria lange kämpfen und beten müssen. Er selbst konnte ihre Verwirklichung nicht mehr erleben, sondern vertraute sie den Händen seines Nachfolgers an. Ganz im Sinne des Gründers und im Vertrauen auf seine Fürsprache tat Don Alvaro dann einen Schritt nach dem anderen und durfte das große Anliegen schließlich erfüllt sehen.

Alvaro del Portillo war von Anfang an klar, dass Josefmaria Escrivá ein Priester war, der nicht nur alle zur Heiligkeit im alltäglichen Leben ermunterte, sondern selbst heiligmäßig lebte. Dass er in die Schar der Seligen und Heiligen aufgenommen wurde, bestätigt eindrücklich das Charisma des Gründers und des Opus Dei. Doch im Jahre 1992 kam es anlässlich der Seligsprechung Escrivás in diversen Medien zu Unterstellungen, das Opus Dei habe „den Vatikan geschmiert“, sonst wäre der Seligsprechungsprozess nicht so schnell verlaufen. Ich selber habe Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre nur zwei Dinge gemerkt: Auf der geistlichen Ebene lief dieser Prozess „wie geschmiert“, weil er von vielen Tausend Betern getragen wurde. Und auf der praktischen Ebene, weil Bischof Alvaro, der Prälat des Opus Dei, und sein Stab das kirchliche Verfahren so gut vorbereitet hatten, dass alle vorgeschriebenen Schritte frühzeitig getan werden konnten. Dabei half auch der Einsatz elektronischer Mittel, die es früher schlicht nicht gab. Das war solide und pünktlich getane Arbeit. Sie kann man heiligen – wie jede ehrenhafte Tätigkeit. Auch darin zeigte sich Alvaro del Portillos Treue zur Botschaft des Gründers.

Weil der künftige selige Alvaro del Portillo ein treuer Nachfolger des Gründers des Opus Dei war, war er auch ein treuer Diener der Kirche. Auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil war er ein gefragter und aktiver Berater. In verschiedenen Konzilskommissionen konnte er entscheidend mitwirken – besonders als Sekretär der Kommission für die Disziplin des Klerus und des Christlichen Volkes. Nach dem Konzil kam es bekanntlich zu Wirrungen und Irrungen im Bereich der Lehre und der Liturgie. Für Bischof Alvaro war das „ein Trauerspiel: Viele nehmen vor Gott reiß aus, machen sich davon, vor ihm, der auf uns zugeht.“ So sagte er es 1993 in Köln. Und weiter: „Unwissen ist der größte Feind des Glaubens. Man setzt sich gegen etwas zur Wehr, das man gar nicht kennt. Leute sprechen über Dinge, die sie nicht kennen und stiften damit Verwirrung. Mit dem Glauben darf man aber nicht spielen!“ Dieser schmerzlichen Entwicklung begegnete der Prälat des Opus Dei stets auf positive Weise. Er selbst vermittelte den Glauben fundiert, anziehend und ohne Abstriche. Und er spornte die Mitglieder und Freunde des Opus Dei an, auf ihre Art dasselbe zu tun.

So war neben der Förderung von Sozialwerken und Schulen in aller Welt auch die Gründung des römischen akademischen Zentrums Santa Croce im Jahre 1984 nur folgerichtig. Aus diesem Zentrum wurde im Jahre 1998 die Päpstliche Universität Santa Croce. In den Jahren 2002 bis 2005 habe ich dort an der Fakultät für Kommunikationswissenschaften studiert. Dort wird das Anliegen des heiligen Josefmaria wie des bald seligen Alvaros nach Kräften umgesetzt, das Wissen um die ungeschmälerte Lehre der Kirche zu fördern, ohne dabei einer begrenzten theologischen Schulrichtung zu folgen. Und alles in einer familiären Atmosphäre, die vom Gebet getragen ist.

Treue – daran denke ich, wenn ich den Namen Alvaro del Portillo höre oder lese. Und Güte. Als eine Kommilitonin aus meiner römischen Studienzeit zum ersten Mal ein Foto von Don Alvaro sah, sagte sie spontan: „Wie gütig er schaut!“ Und nach einer kurzen Pause fügte sie etwas provozierend und verschmitzt hinzu: „Dann kann das Opus Dei ja gar nicht sooo schlimm sein.“ Auch – nicht nur – wegen seiner Treue und seiner Güte wird Don Alvaro am 27. September 2014 seliggesprochen. „Treu bleiben!“ ruft er uns zu. Vom Himmel her.