Betrachtungstext: 3. Januar – Heiligster Name Jesu

Der Name Jesus bedeutet „Gott rettet“ – Wie duftendes Öl – In seinem Namen beten und ihn überallhin tragen

DIE NAMENSGEBUNG hatte in den semitischen Kulturen eine immense Bedeutung, da sie die spezielle Aufgabe unterstrich, die einem Menschen zugedacht war. Als Symbol für die ihnen übertragene Sendung änderte Gott den Namen einiger besonders herausragender Persönlichkeiten der Heilsgeschichte sogar nachträglich. Abram wurde zu Abraham, da er der Vater einer Vielzahl von Völkern werden sollte; Jakob erhielt den Namen Israel, nachdem er mit Gott gerungen und gesiegt hatte; und Simon wurde von Jesus Christus selbst als Kephas, Petrus, angesprochen, weil er der Fels sein würde, auf dem die Kirche errichtet werden sollte.

In Israel wurde der Name bei der Beschneidung verliehen, also in dem Moment, in dem das Kind in die Nachkommenschaft Abrahams aufgenommen wurde. Das Gleiche geschah bei Jesus, acht Tage nach seiner Geburt (vgl. Lk 2,21). Gott hatte Josef den Namen, den er dem Sohn Marias geben sollte, durch einen Engel mitgeteilt: Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen (Mt 1,21). Der Name des fleischgewordenen Wortes sollte genau die erlösende Mission bezeichnen, die zu erfüllen er gekommen war: „Jahwe rettet.“

Wir feiern heute das Fest zu Ehren des heiligsten Namens des Herrn. Die Antiphon der Messe fasst den Sinn des Festes gut zusammen, indem sie uns auffordert, den Namen des Kindes, das wir in diesen Tagen in der Krippe betrachten, ehrfürchtig auszusprechen: „Vor dem Namen Jesu soll sich jedes Knie beugen, im Himmel, auf Erden und in der Tiefe, und jede Zunge soll verkünden: ,Jesus Christus ist der Herr, zur Ehre Gottes, des Vaters.‘“1

Zu seiner Zeit förderte der heilige Bernhardin von Siena die Verehrung des Namens Jesu sehr und fügte ihn im Anschluss an die Worte der heiligen Elisabeth in das Ave Maria ein, einem der meist gesprochenen Gebete der Christenheit. „Der Name Jesu ist die Grundlage des Glaubens, durch welchen wir zu Kindern Gottes geworden sind“, betonte der italienische Heilige. „Der Glaube der katholischen Religion besteht in der Kenntnis Jesu Christi und seiner Person, der Licht der Seele ist, Tor zum Leben, Fels des ewigen Heils.“2 Somit bitten wir überaus treffend im Tagesgebet der heutigen Messe: „O Gott, der du das Heil des Menschengeschlechts auf die Menschwerdung deines Wortes gegründet hast, schenke deinem Volk die Barmherzigkeit, um die es bittet, damit alle wissen, dass kein anderer Name angerufen werden darf als der deines eingeborenen Sohnes.“3


DEIN NAME [ist] hingegossenes Salböl (Hl 1,3), heißt es im Hohelied in Bezug auf den Bräutigam. Der Name Jesu ist in der Tat wie ein Duft, der sich im ganzen Haus ausbreitet. Bernhard von Clairvaux führt diesen Vergleich fort und hält fest, dass das Öl drei Eigenschaften besitzt, die sich auf den Namen Jesu übertragen lassen: „Wie das Öl Licht, Nahrung und Medizin ist, so leuchtet der liebliche Name Jesu, wenn er gepredigt wird, so nährt er, wenn er gegessen wird, und so salbt und lindert er die Übel, wenn er angerufen wird.“4

Zunächst einmal ist Jesu Name Licht, das inmitten der Dunkelheit leuchtet, ein Glanz, den wir in unserem Verhalten ausstrahlen wollen. Um dieses Licht von Christus zu empfangen, müssen wir die Augen der Seele öffnen und sie mit der Augensalbe der Sakramente reinigen. „Ut videam, ut videamus, ut videant“, lädt uns der heilige Josefmaria zu wiederholen ein: Mögen wir mit unserem reinen Blick das Leben vieler anderer reinigen. Dann ist Jesu Name auch Nahrung für die Seele. Wenn wir ihn aussprechen, werden unsere Herzen mit Freude erfüllt. „Es vergrämt mir das Lesen, wenn ich den Namen Jesu nicht lese“, fährt der heilige Bernhard fort. „Das Reden missfällt mir, wenn es nicht von Jesus spricht. Jesus ist Honig im Mund, Melodie im Ohr, Freude im Herzen.“5

Und schließlich ist sein kostbarer Name Medizin für unsere Schwäche. Der heilige Bernhard sagt über die Heilkraft dieses Namens: „Nichts ist besser geeignet, den Zorn zu bremsen, den Hochmut zu zügeln, die Wunden des Neides zu heilen, die Anfälle der Begierde zu bändigen, das Feuer der Begehrlichkeit zu löschen, den Durst des Geizes zu stillen und alle ungeordneten Begierden zu bannen.6 Anlässlich des heutigen Festes wollen wir den Heiligen Geist bitten, dieses heilige Öl in unsere Herzen, auf unsere Lippen und in unsere Werke zu gießen. So schließen wir uns dem Psalmisten an, der bewundernd ausruft: Herr, unser Herr, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde! (Ps 8,2).


WAS IHR den Vater in meinem Namen bitten werdet, das wird er euch geben. Bis jetzt habt ihr noch um nichts in meinem Namen gebeten. Bittet und ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollkommen ist (Joh 16,23-24). Mit diesen ermutigenden Worten stärkte der Herr seine Apostel am Vorabend seines Leidens. Im Vertrauen auf diese Verheißung möchten wir den heiligen Namen des Herrn häufig anrufen, so wie es die heilige Teresa anhand des Beispiels des Apostels Paulus verdeutlichte: „Schauen wir auf den glorreichen Paulus, der nicht einer zu sein scheint, aus dessen Mund Jesus jemals gewichen wäre, als einer, der ihn im Herzen trug.“7

Ein wunderbares Stoßgebet lehrte uns der heilige Josefmaria: Iesu, Iesu, esto mihi semper Iesus! „Jesus, Jesus, sei immer Jesus für mich.“ Wenn wir es oft wiederholen, werden wir über seine Wirkung staunen, besonders wenn wir uns traurig, besorgt oder müde fühlen. „Ich nenne ihn Jesus, ohne Angst, wenn ich allein mit ihm bin“, sagte der Gründer des Opus Dei. „Hier, beim Tabernakel, schäme ich mich nicht, ihn bei seinem Namen anzurufen. Mein Sohn, sag auch du ihm, dass du ihn liebst, dass du ihn immer und immer mehr lieben wirst!“8 Es ist unsere Aufgabe – die Aufgabe der gewöhnlichen Christen – den „Duft“ dieses Namens um uns herum zu verbreiten.

Dieser Name mussverkündet werden, damit er leuchtet und nicht verschwiegen wird. Aber er darf nicht mit einem unreinen oder befleckten Mund ausgesprochen werden. Er muss in einem erlesenen Gefäß aufbewahrt und aus ihm heraus verkündet werden9, fuhr der heilige Bernhardin fort. Das königliche Priestertum (vgl. 1 Petr 2,9) – das göttliche Siegel der Taufe und Firmung – befähigt uns, so sagte der selige Álvaro del Portillo, „den Namen Christi an alle Orte zu tragen, an denen Menschen arbeiten und leben. Aber vergesst nicht, dass das Apostolat, wenn es wirklich wirksam sein soll, auf einer tiefen, gewohnheitsmäßigen, täglichen Vereinigung mit Jesus Christus, unserem Herrn, beruhen muss.“10 Mit welcher Betonung und Zärtlichkeit wird der Name Jesu auf den Lippen seiner Mutter und des heiligen Josef erklungen sein! Wir bitten sie vertrauensvoll, uns an seinen gesegneten Namen zu erinnern, damit er stets in unserem Herzen widerhalle.


1 Messe vom Heiligsten Namen Jesu, Eröffnungsvers.

2 Hl. Bernhardin von Siena, Predigt 49, Über den glorreichen Namen Jesu Christi, Kap. 1.

3 Messe vom Heiligsten Namen Jesu, Tagesgebet.

4 Hl. Bernhard, Predigt 15, Über das Hohelied, II, Nr. 4.

5 Hl. Bernhard, Predigt 15, Über das Hohelied, III, Nr. 6.

6 Ebd.

7 Hl. Teresa, Buch ihres Lebens, Kap. 22.

8 Hl. Josefmaria, Notizen aus einer Betrachtung, 13.4.1954.

9 Hl. Bernhardin von Siena, Predigt 49, Über den glorreichen Namen Jesu Christi, Kap. 2.

10 Sel. Álvaro del Portillo, Hirtenbrief, 1.4.1985.

Foto: Andrew Itaga (unsplash)